JEREZ DE LA FRONTERA (SPANIEN) - PRE-RIDE CEI***, 27.04.2002
oder "Ein Steward kämpft meistens (fast) allein"
Bericht von Marguerita Wagner


Um Auslandserfahrung zu sammeln und auch die Strecke kennenzulernen, nahm ich die Gelegenheit wahr, beim Preride in Jerez dem Chiefsteward Horst Müller gemeinsam mit Inge Harbach als Assistenzsteward zur Verfügung zu stehen.

Eigentlich hätte hier auch die Eldrictagung stattfinden sollen, diese ist jedoch nunmehr zum zweiten Mal abgesagt worden, weil die Einladungen wiederum (wie beim Termin im Februar) nicht ordnungsgemäß verschickt worden waren. Unter anderem aus diesem Grund ist Horst Müller bereits vor zwei Wochen aus dem Eldric-Vorstand zurückgetreten. An Ort und Stelle erfahre ich, daß auch Ramon Lopez Lax sein Amt zurückgelegt hat, die Preise können nicht richtig verteilt werden, und es ist alles ein ziemliches Chaos. Das Ende der Eldric scheint nunmehr unabwendbar.

An diesem ersten Tag in Jerez bekomme ich auch einen Einblick in die harte Arbeit des Chief-Stewards, der alles kontrollieren muß, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Da Horst Müller seine Arbeit jeweils perfekt machen will und dafür auch keine Mühe scheut, ist das Assistieren auch nicht grade zum Relaxen.

Der erste Eindruck von der Strecke ist: Steine, Steine, Steine und Boden wie Beton.

Das Hauptgate in Garappilos ist sehr grozüßgig angelegt, jede Menge Platz, und es können auch die Boxen zum Groomen benützt werden, was natürlich super ist, da die Pferde ja lieber in der eigenen Box pinkeln. Ein großer Waschplatz mit Schläuchen und Sherryfässern (diese leider alle nur mit Wasser gefüllt!) steht auch zur Verfügung.

Es gibt ein Außengate auf einer großen Stierfarm, die Untersuchung ist in der Halle, wo es etwas eng ist (der Besitzer hat übrigens makabrerweise neben seinen Trophäen auch den Kopf seines Lieblingspferdes hängen...igitt). Hier kann ich einige Andalusier beim Training bewundern, ich mache gleich ein Foto vom mörderischen Gebiß, damit mein Exhengst Kalacsnyikov daheim sieht, daß es auch noch andere Methoden zur Disziplinierung gibt....

Landschaftlich ist die Strecke eigentlich sehr schön, es gibt auch zwei Wasserquerungen, jedoch aufgrund der extremen Härte des Bodens kann ich nur jedem empfehlen, sein Pferd mit dicken Platten zu beschlagen, vor allem, weil es im September noch heißer und noch härter sein wird.
Es wird in Schleifen geritten und zur Mittagszeit das Außengate angeritten, mit einer Stunde Pause (das finde ich nicht so schlecht, vor allem, wenn ein Recheck angeordnet ist – so hat das Pferd wirklich Zeit zum Erholen). Schade nur, daß es gerade in diesem Gate absolut nichts für die Reiter zu essen oder trinken gibt.

Der zweite Tag beginnt bereits damit, daß aufgrund des Stewardmangels Horst die Pferde eigenhändig markieren muß (bei 140 Pferden wahrlich kein Honiglecken), unterstützt von "Tantchen" Inge (Harbach). Eigentlich sind uns zahlreiche spanische Stewards versprochen worden, doch bislang ist keiner zu sehen. Daher wird von Horst kurzerhand die deutsche WM-Vorhut, bestehend aus Beate Grün und Ingrid Löwer, "einstewardisiert", was nicht ganz leicht ist, denn die Akkreditierungen sind Mangelware (sogar Sheikh Maktoum blitzte ab, als er seine 20 Bodygards akkreditieren wollte...)

Der Großteil der Starter sind Spanier, es wird auch die spanische Meisterschaft ausgetragen.

Nachmittags gibt es endloses Warten auf die Vorbesprechung und heiße Diskussionen über die Pulsgrenzwertsenkung auf 60, ohne den Speed von 13 km/h zu reduzieren.

Der Start um 6 Uhr früh ist ein ziemliches Chaos, erst werden alle Reiter von irgendjemandem im Stall zurückgehalten, dann kommen alle auf einmal, die versprochenen zwei zusätzlichen Stewards sind nicht da, ein Tierarzt wird einfach umgeritten. Es ist relativ kalt in der Früh, und im ersten Gate geht es um, ich wundere mich nur, daß alle soviel Wasser auf die Pferde schütten, bei der niedrigen Temperatur. Beate meint, daß fortschrittlicherweise aber bereits Decken auf den Pferden gesichet werden, was es vorher überhaupt nicht gab.

Es ist auch schwierig, die Zone zu verteidigen, in der die Pferde nur mit zwei Leuten, Reiter und Groom vorgestellt werden dürfen, aber mit der Hilfe von unseren Verteidigerprofis Beate, Ingrid und Routinier Inge gelingt dies einigermaßen. Hier muß auch gesagt werden, daß die Timekeeper und der spanische Steward dort die Einteilung doch besser im Griff haben, als erwartet.

Nach dem zweiten Vetgate fahren wir ins Außengate Fuente Ray, und hier zeigt Ingrid Löwer eindrucksvoll, was eine konsequente Linie ist: Sie läßt (ohne es zu wissen) den Haziendabesitzer nicht in seine eigene Halle! Prinzip ist Prinzip!!

Horst und ich fahren zum 4.Gate zurück nach Garrapilos, Horst überwacht den Start (auf der letzten Runde ist Gerte verboten) und ich das Gate, aber es ist nun wesentlich ruhiger und daher auch einfacher. Hier treffe ich erstmals Harald Grinschgl und Gaby Juritz, die hier ein bißchen Urlaub machen und sich die Strecke ansehen. Keine schlechte Idee, denke ich, denn das Stewarddasein ist wirklich ein knochenharter Job.

Nachdem das Außengate geschlossen ist, kommt auch Inge nach und ist reif für einen Sundowner (Schlummertrunk) und vor allem für ihre erste Nahrung an diesem Tag.

Der Sieg geht an Sh.Hamdan Maktoum mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca.19/20 km/h, die weiteren Reiter folgen in ca. 20 minütigen Abständen. Von den ersten 14 Reitern werden 6 (!) bei der Nachkontrolle eliminiert, insgesamt erreichen von 136 gestarteten Reitern nur 32 (!) eine Platzierung. Dies ist einerseits auf die großteils unerfahrenen spanischen Reiter, aber auch auf die extreme Härte der Strecke zurückzuführen, sie soll auch bis zur WM etwas entschärft werden (so das überhaupt möglich ist).

Sonntag Vormittag ist ein Open Forum für die Reiter mit dem FEI-Committee angesetzt, es geht ziemlich heiß her, Grund der Aufregung ist in erster Linie, daß die EM nächstes Jahr über 2x100 geht und eine gewisse Angst besteht, daß die Distanz irgendwann nur mehr 100 km ist. Ich kann leider nicht bis zum Ende bleiben, da ich mit Horst nochmals zu den Ställen fahren muß, um alles zu kontrollieren.

Einig sind sich alle darin, daß die doch vorhandenen Organisationsmängel bis zur WM beseitigt sein müssen, ich werde, so ich nicht doch selber reite, Horst Müller wieder mit Inge Harbach als Steward assistieren.

Unseren Reitern kann ich nur nochmals ans Herz legen, auf jeden Fall dicke Platten zu verwenden (was die meisten vermutlich ohnehin tun), die Strecke ist, und das ist die Meinung aller, keinesfalls zu unterschätzen.

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