EUROPAMEISTERSCHAFT 2001 - CASTIGLIONE DEL LAGO
Bericht aus österreichischer Sicht (ebr)



So nahe, so gut zu erreichen war ein internationales Championat schon eine Weile nicht. Und, wie sich vor Ort herausstellte, war auch die Strecke relativ leicht – sowohl vom Gelände wie auch vom Boden her nicht wirklich schwierig. Eine große Chance also, wieder mal ein positives Ergebnis für Österreich zu erreichen. Und ehrlicherweise muss man dieses Vorhaben auch als – zumindest teilweise – gelungen betrachten. Immerhin haben wir zwei Reiterinnen und ihre Pferde in der Wertung gehabt – schon einige Jahre her, daß dies geglückt ist (Karin Eisl in Rom 1997). Es waren zwar "nur" der letzte und der drittletzte Platz – aber bei so einem Ritt ist auch das eine große Leistung!

Wenn uns nicht auch diesmal das Pech an den Fersen geklebt wäre, hätte es sogar noch ganz anders ausgesehen – davon später mehr. Sonntag bzw. Montag kamen die ersten Pferde in Castiglione an, einige andere Nationen erschienen erst Mittwoch! Die Stimmung war gut, die Strecke wurde besichtigt, die Lage des Camps in der Nähe des Lago Trasimeno (bzw. des Campingplatzes direkt an seinem Ufer) war wirklich schön, das Wetter ganz gut, warm, wenn auch in den ersten Tagen ein täglicher "Nachmittagsregen" den Boden etwas schlammig werden ließ.

Am Donnerstag gab es die Eröffnungsparade, bei der unsere Teilnehmer ganz vorne mitritten – wir sind ja mit die ersten im Alphabet der Nationen! Alle Pferde benahmen sich gut und der Applaus war uns sicher. Am Freitag Vormittag wurden die Pferde vom Tierärzte-Team in den Boxen untersucht – es gab keinerlei Beanstandungen für unsere fünf. Nachmittags dann das Vortraben vor Publikum auf dem großen Platz vor den Tribünen, mit mehreren Bahnen.

Wieder zeichneten sich unsere Vierbeiner durch tadelloses Benehmen aus und alle bekamen auf Anhieb ihre Starterlaubnis. Es gab bereits jetzt zwei Ausfälle wegen Lahmheit (darunter ein wunderschöner ungarischer Schimmel) – und ein Pferd wurde disqualifiziert, weil es völlig außer Kontrolle seines Vorführers war, stieg, schlug nach ihm, von Traben keine Spur, und riss sich sogar zweimal los – so geht es nicht im Bewerb. Beinahe wäre dem späteren Europameister Fausto Fiorucci dasselbe passiert. Auch sein FARIS JABAR benahm sich ähnlich, er ließ ihn aber wenigstens nicht los.

Am Samstag um 5.30 – es war natürlich noch vollkommen finster – begann der große Tag für insgesamt 82 Pferde und ihre Reiter aus 24 Nationen. Nicht nur Europäer, sondern auch ein Team aus den UAE, die Australierin Meg Wade, ein Reiter aus Malaysia, der den Ritt an hervorragender Stelle beendete, eine tunesische Mannschaft, etc. Es gab ja auch eine offene Wertung, nicht nur die EM-Wertung selbst.

Es war wieder einmal sehr beeindruckend, so viele Pferde auf einmal starten zu sehen. In mehreren Gruppen tanzten die Helmlampen ihrer Reiter auf und ab, bis sie endlich, zunächst geführt von zwei Autos, auf die Strecke entlassen wurden. Isa Brand und Gabi Juritz ließen die meisten erst mal ziehen und machten sich ziemlich am Schluss auf den Weg, die anderen drei waren irgendwo im Mittelfeld.

Nach ca. einer Stunde erst begann es zu dämmern – es ging faszinierend schnell, in nicht einmal einer Viertelstunde war es hell. Nun wurde es leichter und das Tempo dementsprechend höher. Die Emiratis (der Scheich und seine beiden Söhne) hatten angekündigt, daß sie versuchen wollten, unter 8 Stunden zu reiten – was auf dieser Strecke wohl am ehesten möglich wäre. Ganz schafften sie es aber nicht – 8:20 war die Siegerzeit.

Im ersten Gate war das Gedränge noch ziemlich groß, obwohl sich der Pulk sehr bald aufteilte, bei einem Groomingpunkt ca. auf der Hälfte der ersten Runde kamen sie schon nur mehr allein, zu zweit oder maximal zu viert vorbei. Hier gab es gleich den ersten Dämpfer für unsere Mannschaft: DARIKA war lahm! Christine Mauritsch nahm es trotzdem recht gelassen, sie glaubte auch zu wissen, was passiert war: wahrscheinlich hatte sich die Stute im Finstern auf einem Stück mit schlechtem Boden vertreten. Kann schnell passieren, und die Tierärzte sind bei so einem Event doch strenger als es daheim vielleicht der Fall ist. Dazu kommt auch die für die meisten unserer Pferde ungewohnte Aufregung durch die vielen Pferde, ständiges Überholen, usw.

Die anderen vier gingen auf die nächste Runde, Maria Mauritsch mit DALMAZ nun allein, danach Marguerita Wagner mit MUNGO und kurz nach ihr Isa und Gabi mit MASHID und SANCHO. Nach dieser Etappe war schon fast die Hälfte geschafft. Maria hatte unterwegs einige Konkurrenten überholen können, sie steigerte sich von Runde zu Runde, DALMAZ war einfach super beisammen, immer sofort mit dem Puls herunten, alle anderen Werte bestens – langsam machte sich Hoffnung auf einen guten Platz breit...

In der zweiten Pause musste Marguerita das Rennen beenden (siehe ihren Bericht nachfolgend). Aber noch waren drei Mannschaftsreiterinnen dabei. MASHID und SANCHO waren zwar gegenüber DALMAZ zurückgefallen, aber recht gut unterwegs, wenn auch MASHID etwas lustlos wirkte (siehe Margit's Bericht). Die nächste Runde war eine kurze, die Pausen waren bis auf die erste mit 30 Min. alle 40 Min. lang – trotzdem verging die Zeit immer sehr schnell.

Unser Mannschaftstierarzt Dr. Gert Adlassnig untersuchte die Pferde selbst vor jedem Check und gab in der Pause Tips, worauf ev. zu achten wäre, Stefan Gumhalter war als Masseur mitgekommen und behandelte Pferde wie Reiterinnen. Ein Teil der Betreuermannschaft blieb immer vor Ort – praktischerweise waren ja alle Gates im Start-Ziel-Bereich – und füllte Wasser nach, schaufelte Sand auf die vom Waschen entstandenen "Überschwemmungen", sorgte dafür, daß alles, was die Reiterinnen brauchten, immer vorhanden war, ging Gras sammeln, etc.

In der dritten Pause so wie in der vierten ging alles seinen bereits bewährten Lauf, alle drei verbliebenen Pferde kamen problemlos durch die Kontrollen. Es wurde Nachmittag, die ersten Listen mit den vorläufigen Reihungen machten die Runde – und siehe da, Maria lag im vierten Gate bereits auf Platz 28! Sie konnte auf der vorletzten Runde nochmal einige Reiter überholen, auch im Gate selbst noch einige.

Doch in der letzten Pause, 19 km vor dem Ziel, kam die große Ernüchterung! Dr. Adlassnig ließ DALMAZ vortraben, bevor sie ins Gate gingen – oh Schreck, der Hengst war lahm! Das konnte doch nicht war sein – er war so gut gelaufen und auch mental so gut drauf – und jetzt das! Ein Ballentritt, unterwegs passiert, schien die Ursache zu sein. Es hatte keinen Sinn, Dr. Adlassnig zog ihn zurück, ein offizieller Tierarzt kam dann in unser Lager, um sich die Sache anzusehen, aber es war ohnehin klar.

Schade, schade – es hätte ein toller Erfolg werden können! Maria hätte wohl noch den einen oder anderen überholen können, und ein 16. oder 17. Platz wäre möglich gewesen – sie lag im letzten Gate auf Rang 20! Außerdem hätte das in der reinen Europawertung den 10. oder 11. Platz bedeutet! Aber es hat halt wieder nicht sein sollen... Trotzdem eine großartige Leistung und Bestätigung von Maria's und DALMAZ' Staatsmeistertitel heuer in Aigen-Schlägl!

MASHID und SANCHO waren zwar um einiges weiter hinten, bzw. unter den letzten, aber ein Blick auf die Uhr zeigte, daß sie es zeitgerecht schaffen konnten. MASHID hatte sich gegen Schluss des Rennens wieder etwas erholt, allerdings mussten Isa und Gabi die letzte Runde im Finsteren reiten, was die Sache nicht leichter machte.

Trotzdem kamen sie gegen 21.30 Uhr zum Ziel, wo sie fast nur mehr von unseren Betreuern empfangen wurden – vorletzte und letzte, aber im Ziel. Nun noch die Nachuntersuchung absolvieren. So streng die Sicherheitsleute den Zutritt zum Gate tagsüber bewacht hatten – es durfte nur der Teamchef und der Reiter oder ein Betreuer hinein – so wenig kümmerten sie sich jetzt darum. Ich nutzte die Gelegenheit und ging einmal auch in den Gatebereich hinein.

Beide Pferde bekamen das letzte und entscheidende OK der Tierärzte – Applaus und Jubel im Österreicher-Lager – und große Erleichterung bei allen. Wir haben doch wieder zwei Platzierungen! Und hätten beinahe eine sehr gute gehabt. Es geht wieder aufwärts!

Am nächsten Tag – das schöne Wetter, gestern war es ideal gewesen, verließ uns etwas – wurde zunächst der Konditionspreis vergeben, den der Sieger gewann – allerdings gab es Gerüchte, daß es keine Dopingproben gegeben hatte. So wusste man halt nicht recht. Das Siegerpferd war auffallend munter, präsentierte sich aber auch sehr gut. Anschließend begann die Siegerehrung, wobei die offene Einzelwertung schon Samstag Abend durchgeführt wurde, weil die Emiratis gleich wieder abflogen.

Die EM-Wertung und die Teamwertungen wurden Sonntag durchgeführt, unter frenetischem Jubel der Italiener, die mit Fausto Fiorucci den neuen Europameister stellten und obendrein die Teamwertung gewonnen hatten. Auch die Deutschen freuten sich sehr über ihre Bronze-Medaille. Sie waren übrigens die einzigen, die vier Mannschaftsreiter in die Wertung gebracht hatten. Ein bisschen durften auch wir Österreicher uns freuen, wurden wir doch in der Team-Wertung auch angeführt, obwohl wir nur zwei Ergebnisse hatten.

Bei strömendem Regen traten die Österreicher im Laufe des Nachmittags die Heimreise an. Alle kehrten wohlbehalten nach Hause zurück, alle Pferde sind wieder fit, auch die Lahmheiten bei DARIKA und DALMAZ stellten sich als harmlos heraus und sind bald wieder weg gewesen. Fazit: vielleicht nicht ganz das, was wir uns erhofft hatten, aber doch ein Achtungserfolg, der zu Hoffnung für die Zukunft berechtigt.

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